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Birgit Leutenegger

Biologische Abbaubarkeit

Aktualisiert: 31. Okt. 2019


Unter „biologischer Abbaubarkeit“ versteht der Konsument die Umweltverträglichkeit eines chemischen Stoffes. Eine etwas einseitige Betrachtungsweise,  finden wir.





Der Umweltschützer meint nicht das gleiche wie der Politiker

Je nachdem ob Bezug auf die gesetzlichen Vorschriften oder politische Vorstellungen genommen wird, wird der Begriff „biologische Abbaubarkeit“ sehr unterschiedlich verstanden.

Industriell hergestellte chemische Wirkstoffe gelten als biologisch abbaubar, wenn sie durch biologischen Abbau aus der Umwelt entfernt und dem mineralischen Stoffkreislauf zugeführt werden. Dabei stellt sich die Frage, für welche Stoffe die Abbaubarkeit geprüft wird und wie ein standardisiertes Messverfahren festgelegt wird (Laborumgebung, Restmengen, Zeitrahmen).



Gesetztliche Anforderungen

Um die Vielfalt von Reinigungsmitteln gesetzlich überhaupt abdecken zu können, macht der Gesetzgeber Vorgaben zur Abbaubarkeit der waschaktiven Substanzen eines Reinigungsmittels. Damit sind heute die Tenside gemeint, also die Hauptbestandteile von Wasch- und Reinigungsmitteln. Tenside sind für Wasserorganismen schädlich, darum ist ihre vollständige biologische Abbaubarkeit wichtig. Der Abbau geschieht in zwei Phasen.


Nach dem Waschvorgang gelangen die Tenside mit dem Abwasser in eine Kläranlage. Hier wird der Primärabbau und der Endabbau vollzogen. Zunächst wird den Tensiden ihre schmutzlösende Wirkung und damit ihre Gefährlichkeit für Wasserorganismen entzogen (Primärabbau). Im Endabbau werden die Tenside mit Mikroorganismen über mehrere Prozesstufen in die Bestandteile Wasser, Kohlendioxid und Mineralsalze zerlegt. Als Folge der Stoffwechselprozesse entstehen zudem beträchtliche Mengen an Biomasse.


Testverfahren laut Detergenzienverordnung 648/2004 der EU

Um ein Reinigungsmittel in der EU und der Schweiz ordentlich verkaufen zu dürfen, muss es die Anforderungen der Detergenzienverordnung 648/2004 der EU erfüllen. Diese verlangen einen Endabbau der Tenside unter Laborbedingungen innerhalb von 28 Tagen. In solchen Laborprüfungen werden Tenside wesentlich langsamer als z.B. in Kläranlagen abgebaut. Bestehen Tenside die strengen Abbautests im Labor, so vollzieht sich ihr Abbau unter Alltagsbedingungen sehr schnell: In Kläranlagen sind die Tenside dann bereits nach wenigen Stunden mehr als zur Hälfte abgebaut.


Oft finden sich auf Reinigungsmitteln Herstellerangaben, wonach die dort verwendeten Tenside als biologisch abbaubar bezeichnet werden, weil sie „alle gesetzlichen Anforderungen bezüglich der biologischen Abbaubarkeit vollständig erfüllen“. Das ist nicht die Beschreibung eines biologischen Reinigungsmittels, sondern eine Nullaussage. Wenn ein solche Reinigungsmittel die gesetzlichen Anforderungen nicht erfüllen würde, dürfte es im EU-Raum und der Schweiz gar nicht in Verkehr gebracht werden.


OECD-Testverfahren


Die Tests der OECD-Testserie 302 (A – C) weisen eine zwar eingeschränkte, grundsätzlich aber doch mögliche biologischen Abbaubarkeit der untersuchten Chemikalie nach. Substanzen, die solche Tests bestehen, gelten als grundsätzlich oder inhärent biologisch abbaubar.


Der Zahn-Wellens-EMPA-Test (OECD 302B) untersucht die aerobe biologische Abbaubarkeit der Prüfsubstanz und gibt das Ergebnis über die Abnahme des chemischen Sauerstoffbedarfs oder des Dissolved Organic Carbon über einen relativ kurzen Zeitraum (14 Tage) an. Es handelt sich um den meistverwendeten Test für die Untersuchung der inhärenten Abbaubarkeit. Er liefert zusätzlich Informationen über das Absorptionsverhalten des untersuchten Stoffs


Warum 98% besser sind als 100%

Oft finden sich auf Reinigungsmitteln Herstellerangaben, wonach die dort verwendeten Tenside 100% biologisch abbaubar seien, weil sie „alle gesetzlichen Anforderungen bezüglich der biologischen Abbaubarkeit vollständig erfüllen“. Andere Hersteller verwenden den Standardsatz „die eingesetzten Tenside sind zu mehr als 98% abbaubar gemäss OECD-Test 302B“.


Letzterer ist natürlich der präzisere Satz, welcher meistens auch eine effektiv bessere (weil raschere) Abbaubarkeit beinhaltet. Die OECD-Methode geht weiter, als die EU-Anforderungen und untersucht die Abbaubarkeit über 14 Tage, statt 28 Tage gemäss Detergenzienverordnung der EU.

Eine Aussage zur biologischen Abbaubarkeit von Wirkstoffen ohne den Hinweis auf die verwendete Testmethode ist wertlos.

Der Hinweis auf die Erfüllung aller gesetzlichen Anforderungen bezüglich der biologischen Abbaubarkeit ist eine Nullaussage. Wäre dem nicht so, dürfte das Produkt in der EU und der Schweiz gar nicht verkauft werden.


Kleiner Hinweis (und der gilt universell): Wer Zugriff auf formaljuristischen Nonsens nimmt, hat oft etwas zu verbergen.



Noch Fragen zu diesem oder anderen Reinigungsthemen? Schreiben Sie uns. oder rufen Sie uns an.

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